Am 21. Oktober begrüßen wir Alice Hasters in Siegen. Die Bestsellerautorin wird im Rahmen einer Lesung aus ihrem neuesten Werk „Identitätskrise“ vortragen und anschließend für eine Diskussion mit dem Publikum zur Verfügung stehen.
Momentan werden die ganz großen Fragen diskutiert: In welche Richtung bewegt sich unsere Gesellschaft? Wie kommen wir durch die Klima-, Energie-, Wirtschafts- und Migrationskrise? Müssen wir den Kapitalismus unbedingt abschaffen – oder ihn beibehalten, um zu überleben? Inwiefern wirken die Verbrechen der Vergangenheit auf die Gegenwart? Wessen Verantwortung ist es, Lösungen für diese Fragen zu finden? Und wem oder was kann man überhaupt noch glauben? Klar ist: Alles ist im Umbruch. In ihrem neuen Buch Identitätskrise proklamiert Alice Hasters, dass Fragen der Gesellschaft auch immer Fragen an die individuelle Identität sind. Wenn wir die Gesellschaft verändern wollen, dann müssen wir erst einmal feststellen: Wer sind wir eigentlich und was tun wir, wenn die uns bisher umgebenden Systeme, die Sicherheit, Zukunft und Gerechtigkeit versprechen, wegbrechen? Identitätskrisen sind anstrengend, doch unvermeidbar, sogar notwendig – und sie sind sehr viel erträglicher, wenn man sie als das erkennt und akzeptiert, was sie sind: eine Zeit des Zweifelns, der Selbstsuche, Verarbeitung und vor allem der Neuerfindung. Diese Krise ist auch eine Chance.
Der Duden beschreibt Identität mit: „Völlige Übereinstimmung mit dem, was man ist oder als was man bezeichnet wird“. Alice Hasters‘ These lautet wiederum: „Identität ist eine Geschichte, die man über sich erzählt.“ Doch was passiert mit einer Person, deren Geschichte nicht (mehr) gehört wird oder nicht mehr in das sich verändernde Gesellschaftsbild passt? Was dabei gerne galant ignoriert wird: Auch weiße Menschen stecken in eben jener Identitätskrise. Und zwar so heftig wie ein schlecht gelaunter Teenager in der Pubertät. Sie kommt zum Beispiel in starken Emotionen zum Vorschein, wenn über Gendern, Gleichberechtigung und Rassismus diskutiert wird. Auslöser ist die Erkenntnis, dass ihre (weiße) Perspektive nicht allgemeingültig ist. Und dass ihre Vorstellung von Fortschritt und Freiheit durch Kapitalismus und Globalisierung die Unterdrückung Dritter als Konsequenz hat. Anstatt sich jedoch angemessen mit diesen Gefühlen auseinanderzusetzen, klammern sich viele am Status Quo fest und blockieren gesellschaftlichen Fortschritt – der durch die voranschreitende Klimakrise zusätzlich an Dringlichkeit gewinnt. Und noch schlimmer: Sie radikalisieren sich zunehmend. Die Identität ist zentral im Diskurs um den nationalen sowie globalen Rechtsruck. Es ist kein Zufall, dass ein Zweig der rechten Bewegung sich identitär nennt.
Alice Hasters überträgt das Konzept der persönlichen Identitätskrise auf unser westliches politisches System und proklamiert ein neues Wir – ein Wir, das alle mitmeint, einen Zugehörigkeitsrahmen setzt, in dem wir lernen, Mehrdeutigkeit auszuhalten. Erst dann erschaffen wir als Gesellschaft ein neues Selbstbild und finden den Mut, gemeinsam nach vorne zu blicken.
© Paula Winkler
ALICE HASTERS wurde 1989 in Köln geboren. Sie lebt und arbeitet als freie Autorin, Moderatorin und Speakerin in Berlin. Nach ihrem Journalismusstudium arbeitete Hasters u. a. für die Tagesschau und das Jugendprogramm Funk. Mittlerweile entwickelt sie Social-Media-Formate für den RBB und Deutschlandfunk Nova. Mit Maxi Häcke spricht sie im monatlichen Podcast Feuer&Brot über Feminismus und Popkultur. Ihr erstes Buch Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten erschien im September 2019 bei hanserblau. Es besetzte Platz fünf der Spiegel-Jahresbestsellerliste für Paperback-Sachbücher 2020. Für ihre Kommunikationsarbeit zum Thema Rassismus wurde sie 2020 vom Medium Magazin zur Kulturjournalistin des Jahres gewählt.
Die Moderation des Abends übernimmt Jasmin Mouissi, Trainerin, Beraterin und Referentin im Themenfeld Anti-Rassismus, Rassismuskritik und Empowerment.
Die Veranstaltung wird organisiert von der Mediathek gegen Rassismus und Diskriminierung und dem Kommunalen Integrationszentrum des Kreises Siegen-Wittgenstein.
Wann: 21. Oktober, 19:00 Uhr
Wo: Kulturhaus LYZ , St.-Johann-Str. 18, 57074 Siegen
Eintritt frei!